»Andere haben Kunden, wir haben Freunde«
Aussendienst / / / März 2017

Kann ein Versicherungsvertreter wirklich gut mit Boxern?, hatte sich Gina Schmitz gefragt. Ja, Volker Büscher kann

enn für Gina Schmitz ein Kundentermin ansteht, macht sie es sich gern gemütlich. Zum Beispiel auf dem Sofa, kuschelnd mit ihren beiden Hunden Butkus und Bailey, und mit etwas zu knabbern. Oder morgens um 6 Uhr, gleich nach dem Aufstehen, im Schlafanzug am Küchentisch.
Arbeiten heißt für Gina Schmitz, sich auf Facebook einzuloggen und zu chatten. Über Hunde, über Pferde, über die verrückten Wünsche vierjähriger Töchter. Deswegen würde sie das mit dem Arbeiten auch so nie sagen. »Für mich ist das kein Job, sondern absolut ein Traum. Ich wollte immer schon was mit Tieren machen, aber normalerweise verdient man damit ja kein Geld.«
Die 33-jährige Gina Schmitz aus Aachen ist der wohl absolut unwahrscheinlichste Fall für eine Karriere als Kundenberater bei der Allianz. Doch genau die kommt gerade richtig in Fahrt. Als erste KB überhaupt arbeitet sie ausschließlich online über Facebook und WhatsApp. Individuell, persönlich, effizient und extrem erfolgreich vom heimischen Esstisch aus, wo sie auch saß, als es mit ihr und der Allianz überhaupt losging. Was nur an Hera lag.
Die zehnjährige Boxerhündin Hera ist, ja, das kann man wohl so sagen, Volker Büschers wichtigste Mitarbeiterin in seiner Kölner Allianz Agentur. Auf seine Visitenkarte hat er ein Foto drucken lassen, auf dem mehr Hund als Herrchen zu sehen ist. Es ist auch das Profilbild seiner Agenturseite bei Facebook, wo er mindestens einmal pro Tag etwas postet, was ihn und Hera gerade so beschäftigt: eine Petition gegen Tierversuche, ein Foto von Hera im Auto, ein lustiges Tiervideo, ein Foto vom Hund eines neuen Kunden, Tipps für eine natürliche Fellpflege mit Kokosöl. Mal bekommt er 20 Likes, mal sind es 800. Über 17.000 Personen gefällt das.
Kann ein Versicherungsvertreter wirklich nett sein? Und einen Boxer haben? »So fangen die meisten Leute an, die mich anschreiben«, erzählt er. Auch Gina Schmitz schickte ihm vor gut drei Jahren diese Nachricht, als das Foto von Büscher und Boxer auf ihrer Startseite auftauchte: »Hey, du bist doch ein Fake!«
Neben Gina sahen damals plötzlich viele Frauen rund um Köln den Post von Büschers Seite. Über mehrere Monate hatte er an einer Strategie gebastelt, nachdem er 2011 die Agentur übernommen und ein Problem erkannt hatte: »Ich war 34, und meine Kunden im Durchschnitt 54,8 Jahre alt. Mir war klar, dass ich dringend junge Leute brauchte. Und ich wusste, die sind bei Facebook.«
Nachdem auf Infos zu Unfall- oder Lebensversicherungen keine Reaktionen kamen, postete Büscher über ein Projekt der Allianz mit Schülern und einem Bienenvolk. Das gab 20 Likes. Dann probierte er es mit einem Foto von Hera. Weil das noch besser ankam, schickte er lustige Videos von ihr hinterher. Und verstand: „Die Leute wollen sich auf Facebook einfach unterhalten lassen. Sie wollen keinen Verkäufer sehen. Deswegen habe ich komplett auf die Marke Hund und Tierversicherung gesetzt. Und dann hat es plötzlich richtig Spaß gemacht.«
Mit einem Werbebudget von anfangs zehn Euro pro Tag ließ er das Bild von sich und Hera zusammen mit einem Hinweis auf die Versicherung plus Link auf seine Homepage nun seiner Zielgruppe zeigen – jüngeren Frauen (»Meist sind es die Frauen, die eine Versicherung abschließen.«) mit Hund rund um Köln. So tauchte Büscher also auch bei Gina Schmitz in Aachen auf.

Gina Schmitz fährt zweimal täglich zu ihrem Pferd. Das wäre ohne die flexiblen Arbeitszeiten als Online-KB gar nicht möglich



Gina Schmitz lebt direkt an der Grenze zu Belgien in einem kleinen Reihenhaus, in dem gerade die Heizung kaputt ist, zusammen mit ihrem Lebensgefährten, der gemeinsamen Tochter Milia, 4, und den beiden Hunden Bailey und Butkus. Der Labradormischling und der Boxer sind nicht nur Besuchern gegenüber ziemlich einnehmend, sie beanspruchen auch viel Platz in Ginas Schmitz’ Haus – und Leben.
Um sich vor teuren Tierarztrechnungen zu schützen, hatte sie schon länger über eine Tierversicherung für die beiden nachgedacht, aber einen Termin bei ihrem damaligen Vertreter immer weiter hinausgeschoben. »Als dann der Post mit Hera kam, habe ich die Gelegenheit genutzt und direkt geschrieben. Obwohl ich die Sache erst nicht ganz geglaubt habe.« Der typische Facebook-Kunde, erzählt Büscher, werde zuerst Fan seiner Seite und melde sich nach etwa drei Monaten Beobachtungszeit mit Interesse an einer Versicherung. Inzwischen verweist Büscher nicht mehr auf seine Homepage, sondern bittet um persönliche Nachricht direkt innerhalb des Netzwerks, um dann alle weiteren Details am Telefon abzuklären. »Das ist ein völlig neues Arbeiten: Wer sich meldet, hat sich zu 90 Prozent schon für den Abschluss entschieden. Wir sind raus aus der Verkäuferrolle, das ist sensationell.«
Sehr zum Vorteil sei auch das Du, das auf Facebook völlig normal in der Kommunikation sei. »Das Eis ist direkt gebrochen. Schon vor dem ersten Telefonat hat man das Gefühl, man kennt sich.« Schließlich ist man ja digital befreundet.
Auch ihr erstes Gespräch erlebten Volker Büscher und Gina Schmitz als freundschaftlich. Über zwei Jahre hielten die beiden den facebook-typisch lockeren Kontakt mit gelegentlichen Likes und Nachrichten oder telefonierten, wenn Gina Fragen wegen einer Versicherung hatte, die sie nach und nach zur Allianz holte. Dann fragte sie, ob er nicht einen Job für sie wüsste. »Warum fängst du nicht bei mir an?«, schlug er vor. Büscher kann den Andrang längst nicht mehr alleine bewältigen. »Wenn ich Werbung schalte, haben wir 150 bis 200 Anfragen am Tag.« Viel läuft inzwischen auch über Empfehlungen, in Hunde-Foren zum Beispiel. Allein 2016 hat er 380 Neukunden gewonnen, in drei Jahren gut 1000 Tiere versichert. »Nach einem Jahr war ich direkt im Heß-Club.« Heute arbeiten zwei Aushilfen und zwei Kundenbetreuer in seiner Agentur. Eine davon ist Gina Schmitz, die von der 400-Euro-Kraft innerhalb weniger Wochen aufstieg. Sowohl Schmitz als auch Büscher sind dankbar für die Chance, die sie bekommen haben. Eigentlich hätte sie sich niemals bei einer Versicherung beworben. Und eigentlich wäre eine Bewerbung als KB unter normalen Umständen auch nicht erfolgreich gewesen. »Gina ist absolut keine Verkäuferin«, sagt Büscher. »Das macht aber nichts. Denn für ihre Aufgaben sind ganz andere Qualitäten gefragt.«
»Am Anfang stand ich mir selbst im Weg, weil ich mich nicht getraut habe, zum Beispiel nach der IBAN zu fragen«, erzählt Gina Schmitz. Für sie sind die Menschen, die sich auf Büschers Seite melden, in erster Linie Hundebesitzer und damit Gleichgesinnte. »Das Vertrauen ist direkt da«, so empfindet sie es. Aus den Fragen entwickeln sich oft Gespräche, über die Familie zum Beispiel, Gina spendet Trost nach dem Tod eines Haustiers oder gibt Tipps zum Haushaltsgeld. »Ich kenne das ja, wenn das Geld knapp ist. Seit ich mein Abitur geschmissen habe, hatte ich die meiste Zeit über nur Aushilfsjobs.«
Ginas große Stärke, sagt Büscher, sei ihre Menschlichkeit. »Sie kann sich auf jeden individuell einstellen, ihn persönlich abholen. Wir haben hier ja den gesamten Querschnitt der Bevölkerung von Hartz IV bis zum Vorstand. Das kann man nicht lernen.« Arbeiten kann sie von zu Hause aus, was gut mit der Betreuung ihrer kleinen Tochter, den Hunden und ihrem Pferd zusammenpasst. »Morgens setze ich mich gleich nach dem Aufstehen ran, um die Anfragen der Nacht zu beantworten. Auf den Vormittag lege ich die Telefontermine und von 20 bis 23 Uhr bin ich dann wieder komplett auf Facebook.« Während ein normaler, also analoger arbeitender KB durchschnittlich zwei bis drei Kunden pro Tag schafft, sind es bei Gina Schmitz acht bis zehn. Sie spart sich jeweils die Anfahrt und das »Vorgeplänkel«, wie Büscher es nennt. So hat sie in drei Monaten das sonst übliche Jahresgehalt reingeholt.
Nur einmal pro Woche muss sie nach Köln, um die Daten ins System zu übertragen. Die Agentur in der Geleniusstraße ist allerdings seit dem 1. April dicht. Büscher hat den Schritt zu einer reinen Online-Agentur gewagt – mit einem Schreibtisch in einem Start-up-Büro. Auf der Straße muss Volker Büscher nicht länger sichtbar sein. Er ist es auf Facebook jeden Tag. Er bleibt mit seinen Kunden in Verbindung, was eine völlig neue Art der Kundenbindung bedeutet. »Mir kann es nicht passieren, dass ich einen Kunden verliere, nur weil ein Konkurrent mal nett lächelt.«
Für einen Fake wird Büscher heute noch manchmal gehalten. Als zuletzt jemand seine Identität und Seriosität infrage stellte, brauchte Gina Schmitz von ihrem Esstisch aus gar nicht zu reagieren – sofort hatten mehr als 80 Kunden geantwortet. Sie erzählten von positiven Schadenregulierungen und netten Gesprächen und posteten dazu Fotos ihrer Hunde. Echte Freunde halten zusammen. Unbezahlbar!

