»Zusammenarbeit muss man leben!«
Beziehungs-Spezial / / / Januar 2017
Als IG-Vorsitzender ist Lothar Jobst seit Juni 2016 neuer oberster Moderator der Beziehung zwischen Vertretern und Geschäftsleitung. Ein Gespräch über Respekt, Verantwortung, Eiszeiten und Happy Ends

Hat das blaue Gen: Lothar Jobst, Generalvertreter in Regensburg und neuer Vorsitzender Interessenvereinigung der Vertretervereinigungen der Allianz Gruppe (IG)
Herr Jobst, wie führt man eine gute Beziehung?
Lothar Jobst: Das Wichtigste im Job und privat ist für mich eine funktionierende und offene Kommunikation. Wenn man nicht mehr miteinander redet, verselbstständigen sich Konflikte, und dann spielt irgendwann das eigentliche Problem gar keine Rolle mehr.
Sind Sie nachtragend?
Jobst: Ich mag es nicht, wenn man nicht ehrlich mit mir ist. Das enttäuscht mich. Dann ist das Vertrauen weg.
Ist Geduld eine Stärke von Ihnen?
Jobst: Ja, für mich ist Geduld das Gegenteil von Eile. Aber es gibt Themen, die schnelle Entscheidungen fordern. Da kann man nicht immer Ruhe walten lassen. Da muss man schnell sein.
Hauen Sie auch mal kräftig auf den Tisch?
Jobst: Wer mich kennt, der weiß, dass ich schon mal laut werden kann.
Welche Art von Beziehung ist das zwischen der Allianz und den Vertretern bzw. der IG?
Jobst: Eine Geschäftspartnerschaft, mit allen Höhen und Tiefen …
Wie in einer Ehe …?
Jobst: Es ist eine Beziehung von Partnern, die aufeinander angewiesen sind. Wir Vertreter bringen in diese Partnerschaft ein flächendeckendes, persönliches und erfolgreiches Agenturnetz ein. Die Gesellschaft steht für eine starke Marke, eine hervorragende Marktposition und eine sehr gute Bilanz.
Mit welchen Adjektiven würden Sie das Verhältnis bezeichnen?
Jobst: Respektvoll, ergebnisorientiert, erfolgreich.
Warum ist diese Beziehung zwischen Allianz und Vertreterschaft so wichtig?
Jobst: Beide Seiten verbindet ein gemeinsames Interesse, sie müssen verantwortungsvoll handeln und dabei die unterschiedlichen Interessen berücksichtigen. Eine stabile Beziehung trägt dazu bei, einander zu vertrauen. Und Vertrauen ist die Basis einer guten Geschäftspartnerschaft. So lassen sich die besten Ergebnisse erzielen.
Wie in vielen Beziehungen: Gab es auch mal eine Eiszeit?
Jobst: Es gab tatsächlich einmal den Beschluss, die Zusammenarbeit einzustellen! Das war eine sehr schwierige Zeit. Am Ende haben wir mit der Gesellschaft eine neue Grundlage für die Zusammenarbeit geschaffen, die bis heute erfolgreich gelebt wird.
»Das Wichtigste ist für mich eine funktionierende und offene Kommunikation«
Lothar Jobst
Welchen Lerneffekt hat diese Erfahrung ausgelöst?
Jobst: Beide Seiten haben erkannt, dass keine nachhaltigen Entscheidungen getroffen werden können, wenn man nicht miteinander spricht. Man hat gelernt, sich frühzeitig zusammenzusetzen und mehr Transparenz zu schaffen. Nur so lässt sich ein erfolgreicher gemeinsamer Weg finden.
Seit Kurzem sind Sie der neue Vorstandsvorsitzende der IG. Was verändert sich für Sie persönlich in der Rolle des obersten Moderators?
Jobst: Die IG-Arbeit war und bleibt Teamarbeit. Wir diskutieren unsere Themen und Positionen intern sehr ergebnisoffen und kontrovers, bis wir eine einheitliche Position gefunden haben. Neu ist für mich natürlich, dass ich diesen Prozess künftig mit einer noch größeren Verantwortung leiten und moderieren werde.
Welche Themen liegen Ihnen besonders am Herzen?
Jobst: Das zentrale Ziel unserer Interessenvertretung ist es, die Zukunftsfähigkeit der Agenturen zu gewährleisten. Aktuelle Herausforderungen sind hierbei die Niedrigzinsphase, das schwierige Marktumfeld, mögliche regulatorische Einschränkungen und das veränderte Kundenverhalten.
Wie bringen Sie IG-Tätigkeit und Ihre Agentur unter einen Hut?
Jobst: Mein Agenturalltag ist gespickt mit Kundenterminen, Telefonaten, mit Schadenregulierungen und mit Kundenanbahnungen und -vorbereitungen. Die Arbeit für die IG ist sehr zeitaufwendig, z. B. durch Sitzungen, Telkos, Go-to-Meetings, Telefonate mit IG-Kollegen. Um dies auszugleichen, sitze ich natürlich auch ab und zu samstags im Büro, um in aller Ruhe zu arbeiten.
Herr Dumsch war viele Jahre lang der IG-Vorsitzende, Sie der Stellvertreter. Welches Gefühl war das, in seine Fußstapfen zu treten?
Jobst: Ich hatte sehr großen Respekt, für dieses Amt zu kandidieren. Markus Dumsch hat einen hervorragenden Job gemacht. Er war meines Erachtens in den vergangenen neun Jahren die Idealbesetzung für diese Position. Als Stellvertreter war ich in viele Themen miteingebunden und kenne natürlich das Umfeld. Als der einstimmige Wunsch des gesamten IG-Vorstandes an mich herangetragen wurde, für dieses Amt zu kandidieren, war es für mich eine schwierige Entscheidung, diese Verantwortung auch tatsächlich zu übernehmen. Der starke Rückhalt aus der Kollegenschaft, von meiner Familie und meinen Mitarbeitern gab dann den Ausschlag.
Hat Ihnen Herr Dumsch gute Tipps mitgegeben?
Jobst: Wir haben sehr viele Gespräche geführt. Er hat mir empfohlen, mich immer gründlich zu informieren und den Standpunkt des anderen zu verstehen. So lassen sich die besten Ergebnisse für unsere Kollegen erzielen.
Welche persönliche Eigenschaften braucht man in der Funktion?
Jobst: Hartnäckigkeit, Führungsqualität, Durchsetzungsvermögen und die Fähigkeit, alle Fakten vor einer Entscheidung besonnen aufzunehmen und gründlich zu analysieren.
Was sind die Erwartungen Ihrer Vertreterkollegen an Sie als neuer IG-Vorstandsvorsitzender?
Jobst: Die Kolleginnen und Kollegen erwarten nicht mehr und nicht weniger als die beste Interessenvertretung für die Agenturinhaber als selbstständige Unternehmer.
Ist das schwieriger geworden im Vergleich zu vor zehn oder 15 Jahren?
Jobst: Wir leben in einer Zeit der schnellen und permanenten Veränderung. Es ist schwieriger geworden, alles zu verarbeiten und sich darauf einzustellen. Aber natürlich meint jeder immer, seine Zeit sei die schwierigste.
Sie sind seit 38 Jahren bei der Allianz. Was hat Sie dazu bewegt, sich in der IG zu engagieren?
Jobst: Meine ehrenamtliche Tätigkeit begann im Jahr 1994 mit der Wahl zum Sprecher der Filialdirektion Regensburg. Mir war es von Beginn an ein großes Anliegen, mich für meine Kollegen und meinen Berufsstand einzusetzen und dafür zu kämpfen, ihm ein höheres Ansehen zu verschaffen. Erst vor Kurzem habe ich wieder eine Auswertung zum Image von Berufsgruppen gelesen. Versicherungsvermittler waren in Deutschland – im Gegensatz zu vielen anderen vergleichbaren Ländern – an letzter Stelle. Wenn man berücksichtigt, welches breit gefächerte Fachwissen Agenturen abdecken und was für eine Sozialkompetenz notwendig ist, um diesen Beruf erfolgreich zu gestalten, tut das richtig weh.
Welchen Stellenwert hat Vertrauen in der Kundenbeziehung?
Jobst: Vertrauen ist das Bedeutendste zwischen dem Kunden und mir als Agenturinhaber. Ein ehrlicher Umgang, Zuverlässigkeit und Hilfestellung, wenn sie benötigt wird, sind absolut erforderlich.
Gibt es Momente in der Kundenbeziehung, wo die Grenzezwischen beruflich und privat verschwimmt?
Jobst: Man steht heute als Agenturinhaber sehr in der Öffentlichkeit und wird immer als Vertreter wahrgenommen. Für mich ist ein persönliches Verhältnis zum Kunden ganz wichtig. Aber es gibt eine eindeutige Grenze zwischen Beruf und privat wie z. B. der Urlaub mit meiner Familie.
Apropos Urlaub. Was machen Sie in der Freizeit?
Jobst: Viel Freizeit habe ich nicht, aber die versuche ich mit der Familie zu verbringen. Ich gehe regelmäßig joggen. Die Berge liebe ich besonders, da kann ich mich richtig entspannen. Der Große Arber im Bayerischen Wald ist mein Hausberg, da kann man herrlich Wandern und im Winter Skifahren.
IG in Zahlen
1956
wurde die IG im Löwenbräukeller in München gegründet
5
Vertretervereinigungen (VVA) – die VVA Nord-West, Nordost, Südwest, Südost und Spezialvertrieb – bilden die IG, die als Dachverband darübersitzt
6
Fachbereiche strukturieren die thematische Arbeit der IG: Vertrieb, Versicherung, Vorsorge, Vermögen, Rako-Technik, Marketing & Kommunikation
10
Mitglieder hat der Vorstand der IG, der sich aus dem geschäftsführenden Vorstand, den Vorständen der Vertretervereinigungen und den Fachbereichen zusammensetzt