Herb, aber herzlich
Beziehungs-Spezial / / / Januar 2017
Gemeinsam mehr erreichen: Diese Vertreter aus dem hohen Norden treffen sich regelmäßig zum Stammtisch – und beweisen, dass es sich lohnt, an einem Strang zu ziehen

Erst die Arbeit, dann das Vergnügen...
esterstede in der Region Oldenburg. Teller klirren, Stühle rücken, hinter der Theke wird Bier gezapft. Das Mittagsbüfett im Restaurant »Vossini« ist in vollem Gange: Rotbarschfilet mit Hummersauce, Schnitzel mit Bratkartoffeln, und auf einem kleinen Tischchen steht schon die rote Grütze zum Nachtisch bereit. Dazwischen auffallend viele Männer in Anzügen, und alle tragen die gleiche Anstecknadel am Revers. Sie ist rot-blau, in der Mitte ein weißer Kreis mit dem Allianz Adler. Es ist das Zeichen des sogenannten Round Table. Dessen Mitglieder essen hier oft – um genau zu sein jeden ersten Donnerstag im Monat –, und das seit 27 Jahren. »Wir sagen immer Stammtisch, aber die Bezeichnung ist eigentlich irreführend«, findet Hans-Hermann Oldewurtel, 57, seines Zeichens Präsident des Round Table. Für einen richtigen Stammtisch wäre die Uhrzeit tatsächlich unpassend: Bereits um 9 Uhr morgens kommen die 17 Generalvertreter aus der Region Oldenburg-Ostfriesland hier im Hotel »Voss« in Westerstede zusammen. Ziel ist es, sich über die aktuellen Entwicklungen im Unternehmen auf dem Laufenden zu halten, Produktneuerungen zu diskutieren und sich gegenseitig von verzwickten Fällen zu berichten.
»Die in München sind erst zufrieden, wenn sie ein Stück Leberkäse auf unser Krabbenbrötchen legen können«
»Du sollst Dich aufregen«, hat Bertolt Brecht gesagt und damit das Motto für den Round Table geliefert. »Ja, wir schimpfen auch gemeinsam – aber immer nur eine Stunde, dann ist Schluss«, meint Oldewurtel. Schließlich sind alle Profis, »Kaufleute«, wie er betont, »die mehr sind als Dienstleister« und die sich mit Herzblut für die gemeinsame Sache einsetzen. Matthias Fleischer erzählt von einem besonders verzwickten Fall: Ein Lkw ist über den Fahrbahnrand hinausgefahren und hat sich dort im unbefestigten Boden so festgefahren, dass er mit einem Kran geborgen werden musste. Der Fall an sich ist in einer Region mit vielen Speditionsunternehmen nichts Ungewöhnliches. Wie es Matthias Fleischer geschafft hat, dass der Schaden reguliert wurde, aber schon. Erst musste geklärt werden, ob es sich um einen Unfall handelt.
Fleischer erzählt wie er die Fachliteratur zurate zog. »Lösungen finden, auch wenn es auf den ersten Blick aussichtslos erscheint – das macht mir am meisten Spaß«, sagt Fleischer und klappt den abgegriffenen Wälzer zu, aus dem unzählige farbige Post-it’s ragen. Dank der genauen juristischen Definition konnte er am Ende seinem Kunden helfen. Ein Fall, von dem Fleischer seinen Kollegen heute nicht ohne Stolz berichtet. Die wissen natürlich längst, dass Paragrafenreiten sein Steckenpferd ist.

...beim gemeinsamen Essen fühlt sich der »Stammtisch« dann auch wie einer an
Gegründet haben den »Stammtisch« 1989 fünf Vertreter aus der Region, heute sind es 17, und es gibt sogar eine Warteliste. Denn längst ist unter den Vertretern in der Region Oldenburg bekannt, dass die Mitglieder von den monatlichen Treffen profitieren. »Der Erfahrungsaustausch macht den Stammtisch so wertvoll. Vor allem, wenn man selbst noch relativ neu im Geschäft ist«, sagt Michael Fielers, 52, aus Rastede. Er selbst ist zwar schon lange im Geschäft, aber erst seit fünf Jahren als Vertreter. Den Stammtisch kannte er aber auch schon als VBL: »Ich fand den Gedanken immer spannend – und vor allem das Netzwerk, das dahintersteckt. Auch als ich selbst noch gar kein Vertreter war.« Seit Anfang 2016 gehört er dazu und konnte sich bereits in zwei schwierigen Fällen der Hilfe seiner Stammtischbrüder sicher sein: »Ohne die Infos aus diesem Kreis wäre ich da nicht weitergekommen«, sagt er heute.
Die Tür zum Konferenzraum »Jever« geht auf und ganz im Gegensatz zum friesisch-herben Bier trägt die Kellnerin ein Tablett mit süßem Sekt herein. Bestellt hat ihn Marco Blinker, er ist mit 31 der Jüngste in der Runde und seit Kurzem frischgebackener Ehemann. Darauf will er mit den Kollegen anstoßen. »Ehrlich gesagt dachte ich am Anfang, es geht nur ums Trinken«, sagt er und lacht, »von der Professionalität der Runde war ich dann um so mehr überrascht.« Am meisten schätzt er die Kompetenz, den Zusammenhalt und die Weiterbildungsmöglichkeiten. »Wir werden mit Informationen und Angeboten überflutet. Hier suchen wir uns die Sachen aus, die für uns am wichtigsten sind«, sagt Blinker. Zum Beispiel, wenn ein neues Produkt eingeführt wird. Denn die Schulungsunterlagen decken manchmal nicht den Bedarf der Vertreter vor Ort. »Man hat das Gefühl, die in München sind erst zufrieden, wenn sie ein Stück Leberkäse auf unser Krabbenbrötchen legen können«, witzelt ein anderer Kollege. Beim Stammtisch wird Klartext gesprochen, jeder sagt seine Meinung – und wenn es darum geht, vom Bayerischen ins Norddeutsche zu übersetzen, helfen alle zusammen.
»Als Vertreter bist du eigentlich ein Einzelkämpfer, hier ziehen wir aber am selben Strang«, so Oldewurtel. Und das macht sich bezahlt. Zum Beispiel in Sachen Weiterbildung. Einmal im Jahr bricht der Stammtisch zu einer Art Bildungsreise auf. Harald Budde hat in seinen 13 Stammtisch Jahren bereits einiges erlebt: »Wir haben sogar schon gemeinsam meditiert und Gymnastikbälle gerollt«, sagt der Vertreter aus Wiesmoor.

Elf der 17 Stammtischmitglieder beim Fototermin in Westerstede. Zum Round Table gehören noch Gründungsmitglied Götz-Ulrich Siefgen, Stefan Dahl, Oliver Kayser, Frank Bohlmann, Ralf-Peter Hanken und Olaf Antoni. v.l.n.r.: Matthias Fleischer, Michael Fielers, Dietmar List, Jens Tautenhahn, Hans-Hermann Oldewurtel, Detlef Baumann, Klaus Rah, Marco Blinker, Harald Budde, Kai Gillessen, Thomas Großklaus
Gerade ist Präsident Oldewurtel mit der Allianz Außendienst Akademie im Gespräch. Es geht um ein Seminar zum Thema Professionelle Agenturprozesse. Das wird so, wie die Vertreter es sich vorstellen, noch nicht angeboten. »Die Akademie ist für unsere Vorschläge offen, schließlich will das Unternehmen, dass wir mit der neuen Technik arbeiten«, erklärt er. Würde ein Einzelner solch eine Anfrage stellen, da sind sie sich einig, hätte der wohl weniger Erfolg.
Dieses Engagement wurde anfangs nicht überall positiv gesehen: »Früher galt der Stammtisch als eine Art rote Zelle«, erinnert sich Oldewurtel, als »eigenwillig und renitent«. Das hat sich geändert. Auch weil die Allianz in Zeiten der Digitalisierung mehr denn je auf engagierte Vertreter angewiesen ist.
Zum letzten Stammtisch im Jahr wird seit einigen Jahren der Leiter der Geschäftsstelle Oldenburg eingeladen – und bis jetzt ist er auch immer gern gekommen.
Der Round Table wurde 1989 von den Vertretern Erwin Literski (†), Heinz Walter, Ewald Bohlmann, Herbert Meyer und Götz-Ulrich Siefken gegründet. Der Präsident ist Hans-Hermann Oldewurtel aus Norden-Norddeich. Jeden ersten Donnerstag im Monat treffen sich die aktuell 17 Mitglieder in Westerstede in der Region Oldenburg. Erkennungszeichen: eine rot-blaue Anstecknadel mit Allianz Adler.