Ein Kilometergeld der anderen Art
Regio Südwest / / / Juni 2015
Viele Kilometer zurückzulegen gehört für Schadenregulierer zum Berufsalltag. Peter Pfleger aus Welchweiler in der Pfalz hält auch in der Freizeit nicht still. Im August läuft der Allianzer mehr als 160 Kilometer am Stück, um die Familien zweier verstorbener Kollegen zu unterstützen.

s ist eine der größten Herausforderungen für Läufer in Deutschland: Jedes Jahr im Hochsommer laufen Ausdauersportler aus dem In- und Ausland den 160,9 Kilometer langen einstigen Grenzpatrouillenweg rund um das frühere Westberlin – und zwar an einem Stück. Der sogenannte Mauerweglauf „100 Meilen Berlin“ (100meilen.de ) findet zum vierten Mal statt. Er ist den Menschen gewidmet, die ihren Fluchtversuch aus der DDR mit dem Leben bezahlten. In diesem Jahr erinnern die Organisatoren an Marienetta Jirkowsky, die 1980 als 18jährige von einem Grenzsoldaten angeschossen wurde und später im Krankenhaus ihren Verletzungen erlag.
Peter Pfleger, Mitarbeiter des Schadenaußendienstes Südwest, will sich in diesem Jahr zum ersten Mal der enormen sportlichen Herausforderung stellen. „Ob ich das wirklich schaffe, weiß ich noch nicht, weil ich eine so lange Strecke bislang noch nicht gelaufen bin“, sagt der Pfälzer. Doch die Aussichten stehen gut. 2014 absolvierte Pfleger den Bieler 100-Kilometer-Lauf in etwas mehr als elf Stunden. Während die meisten Hobbysportler zu Recht stolz auf sich sind, wenn sie einen Marathon zurückgelegt haben, beginnt der 49-jährige nach eigenen Angaben bei derart langen Strecken erst nach etwa 80 Kilometern, mit seiner Entscheidung zu hadern. Rein rechnerisch muss Pfleger für den Mauerlauf also zweimal seinen „inneren Schweinehund“ erlegen.
Als Motivationshilfe hat sich Pfleger etwas ausgedacht. Der Schadenaußendienstler möchte seine persönliche Laufleistung nicht nur den Maueropfern, sondern auch zwei anderen Menschen widmen: „Im vergangenen Jahr haben wir mit Rainer Steckroth und Eric Böhringer zwei Kollegen verloren, deren Familien unsere Unterstützung bestimmt gut gebrauchen können.“ Pfleger möchte möglichst viele Allianzer für ein Kilometergeld der etwas anderen Art gewinnen. Sein Vorschlag: „Wer die Kinder der beiden Kollegen unterstützen möchte, kann pro gelaufenem Kilometer einen Betrag seiner Wahl spenden – alles ab einem Cent aufwärts ist willkommen.“ Spendenzusagen werden unter mauerweglauf@allianz.de entgegengenommen – am besten noch vor dem Startschuss am 15. August um sechs Uhr in der Frühe. Nach dem Lauf erhalten die Spender eine Mail mit der Information, wie viele Kilometer Pfleger geschafft hat und auf welches Spendenkonto sie den individuellen Beitrag überweisen sollen. Die Entscheidung, ob das Geld für die Ausbildung oder einen besonderen Wunsch der Kinder ausgegeben werden soll, möchte Pfleger den Familien überlassen.
Wie es sich anfühlt, wenn der Tod eine Familie auseinanderreißt, weiß Pfleger aus eigener Erfahrung. Es war der Verlust seiner Frau, der ihn vor acht Jahren zum Laufsport brachte: „Ich hatte damals so eine Wut in mir, die ich irgendwie loswerden musste.“ Am Anfang habe er fast 30 Kilogramm Übergewicht mit sich geschleppt, erzählt er. „Damals konnte ich noch nicht einmal vier Kilometer am Stück laufen.“ Wann immer sein Job und die Verantwortung für seine Kinder es zuließen, schnürte er die Laufschuhe. Bald schmolz das Übergewicht dahin und nach etwa anderthalb Jahren war Pfleger soweit, dass er sich erstmals zu einem öffentlichen Wettkampf melden konnte. „Mein erster Lauf war der acht Kilometer Potzberglauf, nach und nach habe ich mir dann immer längere Strecken zugetraut.“
Eine Trainingsgruppe hat der Allianzer nie besucht. „Das ist eine Typfrage, ich bin jemand, der lieber alleine läuft – und im Außendienst sind die Arbeitszeiten nicht immer gut planbar.“ Seine Geschichte zeigt aber, dass es nie zu spät ist, den Sport für sich zu entdecken. „Ultramarathons sind sicher nicht jedermanns Sache, aber das Laufen tut einfach gut“, unterstreicht Pfleger. Sein Rat für Menschen, die den ersten Schritt machen wollen? „Ein Besuch beim Kardiologen und ein paar gute Laufschuhe“.